Diese Geschichte musste ich nicht selbst schreiben und ich bin froh darüber. Danke Nastasja! So in etwa wird es für Angelika wohl gewesen sein. Es ist bitter, seinen eigenen, noch so jungen Hund hier hochzuladen. Aber es hilft nichts. Ich muss dir, Angelika, leb wohl sagen. Du fehlst uns. Es gibt auch keinen Hund hier, der einen Teddy halten kann. Wem bringe ich jetzt Kuchen mit, der irgendwo übrig war? Mein Platz an meinem Bauch links ist leer. Aber ich habe es dir schon gesagt, Energie kommt überall hin. Wenn ein Beagle auf einmal Kuchen essen möchte oder den Waldweg entlang braust, dann weiß ich, du bist wieder da!

Es war einer jener Herbsttage, an denen der erste kalte Winterhauch über dem Wald fegt und allerlei Tierchen und Mäuschen und Hasen auf der Suche nach Nüsschen und Eckern raschelnd durch das bunte Laub krochen und die Gerüchangelika_teddy_200e so intensiv aufstiegen, als könnte man sie mit Pfoten greifen. Der Fährte leckend durch die Luft folgen.
Angel tappte durchs feuchte Gras. Hinter ihr taperte die Meute. Alt, langsam und buckelig, stets fixiert auf Arbeit und Toastbrot.
Schnuppernd tauchte sie die Schnauze in die würzige Herbstluft, der Herzschlag stark und beruhigend kräftig, die Muskeln elastisch und in topform.
Heute würde IHR Tag werden. Der Tag der ultimativen Jagd. Endlich waren die anderen abgelenkt.
Da!
Gleich da vorn, hinter dem Grasbüschel. Der Beginn einer starken Fährte. Adrenalin schoss ihr durch die Adern, die Pfoten liefen wie von selbst los. Scharf zog Sauerstoff in ihre Lungen, hell klang ihr Geläut durch den Wald. Im Hintergrund hörte sie sie noch rufen, die würde sie schon wieder finden, jetzt war erstmal nur eines Wichtig: Aufspüren, Stellen, Verbellen der Beute.
Nasse Zweige schlugen ihr ins Gesicht, während sie geschmeidig durch das Unterholz preschte. Brombeerranken fielen vom Fell ab, Nichts und niemand konnte sie stoppen. Sie war die beste Jägerin von allen.
Der Puls pochte ihr in den Adern. Ein Reh, ein Reh, sie könnte es finden. Hinter dem Fuchsbau hielt sie kurz inne, der starke Geruch war förmlich betörend. Doch dort, dort vorne lief die Fährte weiter. Hinter den Bäumen erkannte sie Bewegung. Ein rhythmisches Brummen erfüllte die Luft, da würde das Beutetier sich versteckt haben.
Sie holte Luft, sog sie tief ein und sprintete los. Diesmal würde sie die Beute fassen. –
Als sie in vollem Lauf durchs Gebüsch brach, erfasste sie plötzlich ein gleißender Lichtschein. Was war das?
Ein helles Licht, ein Hupen, ein Aufprall.

Hart wurde sie durch die Luft gewirbelt. Tausende Flöckchen schienen sie zu umkreisen.
Um sie herum tanzten Lichter und plötzlich, ganz plötzlich war da diese Stille. Komplette Stille und alles ganz weiß. –

Nach dem Gefühl, endlos zu schweben, abermals ein harter Aufprall.
Polternd krachte sie gegen eine Türe und landete Schnauze nach vorn in einer Arztpraxis. „Ben und Oki, Gemeinschaftspraxis“ stand da.
Während sie sich noch verwirrt schüttelte, hörte sie Ben und Oki schon bestürzt rufen. – Ben wirbelten noch die Ohren in der Zugluft, als er gemeinsam mit Oki in den Warteraum stürzte.
„Angel!!!! Was machst Du denn hier?“ rief Ben. Oki rieb sich verzweifelt die Ohren „Aber Angel, Du bist doch viel zu früh hier!“. –
Entsetzte, erstarrte Flöckchengesichter mit Husten, Heimweh und Triefnasen starrten von den Warteplätzen auf sie herunter.
„Angel“, sagte Ben „Angel, Du musst doch noch unten bleiben“.
Verzweifelt zog er sich den Mantel zurecht. Auch Oki schien wie erstarrt vor Kummer.
Angel verstand von dem allen nur Bahnhof.
Was wollten die zwei Alten von ihr? Und warum leuchteten alle so heilig?
Sie schüttelte ihr nasses Fell.
Wo war bloß dieser Hase geblieben, sie war sicher, er musste hier sein, gerade eben, vor diesem Grasbüschel…..

„PFOTE CROSS“ donnerte es hinter ihr.
Coffey hatte die Arztpraxis betreten, hinter ihr, auf dem Rasen vorm Haus, lag die Anfängergruppe von „Obedience und Zirkus“, ein wilder Haufen aus zerrauften Gestalten, alle mit dämlich fröhlichem Grinsen und überkreuzter Vorderpfote.

„Was soll das hier überhaupt“ sagte Oki. „Du hast auch noch Dein Fell mitgebracht.“ Pfotenringend betrachtete sie Angel und kramte im energetischen Köfferchen.
„Stimmt“ sagte Ben und holte das kleine Neurologen-Hämmerchen. „Fell, Knochen, einfach alles“ „Das widerspricht den Flöckchen-Vorschriften“ jammerte Oki und drückte Angel sanft die Ohren. „hmmm“ meinte Ben und verstaute das Hämmerchen. Er war als Österreicher ja nie so wirklich für Vorschriften gewesen.

Nur Coffey lächelte verschmitzt.

„Jagdaufseherin gesucht“ hatte die Flöckchenzeitung getitelt. Endlich wußte sie, wer damit gemeint war.
„Fitter Junghund mit starkem Willen und harter Ausdauer für Fitness und Fährtengang als neue Herrin auf Schloss Hasenfuß. Reales Fell und Körper von Vorteil“.

„Also, rein körperlich ist alles roger“ nuschelte Ben und kratzte sich die Öhrchen. „Bis auf den Aufprallschock energetisch wohl auch“ sagte Oki und setzte sich seufzend.
„Eigener Körper“, das heißt wohl Unfalltod“ seufzte Coffey und wirkte zum ersten Mal nachdenklich und traurig.
Für die verlassenen Frauchen war das beschissen. Unfalltod. Das war immer plötzlich.
Doch nur so bekam man als Flöckchen die Last des Körpers mit in den Himmel.
„Hm“ machte Angel.
Unfalltod? Eigener Körper?
Was sollte den dieses depressive Gesülze? Das mussten schon sehr alte Hunde sein.. merkwürdig waren die alle hier.
Oki drückte ihr noch immer die Ohren und murmelte was von Meridianen.
Doch erstaunlicher Weise fühlte Angel sich besser. Der Puls pulsierte wieder im Körper und sie hatte das Gefühl, zart Rehe zu riechen. –
Energisch streckte sie die Nase Richtung Türe.
„Ich glaub, es ist Zeit, dass ich weiter jage“ sagte Angel in die verblüffte Runde. „Der Hase, der ist über alle Berge, aber der zarte Duft, bemerkt ihr den gar nicht?“

„Na dann“ sagte Coffey grinsend „dann haben wir die neue Jagdaufseherin ja gefunden“…

Und in Mitten einer Schar übermütiger Jung-Jäger stolzierte Angel an Coffeys Seite mit stolz erhobenem Kopf Richtung Schloss Hasenfuß. – Ein eigener Wald, ein ganzes Revier. Und lauter Jung-Jäger in Ausbildung….
Was immer heute Abend geschehen war, mit diesem Ausgang konnte sie leben……