Es war überraschend, wie viele Plätzchen an Weihnachten verteilt werden mussten. Der Neue hatte zu tun. Gut, dass er so sportlich war. Ersoeren_500 flog über Stock und Stein, zwanzig Plätzchenteller im energetischen Fell gelagert und verteilte sein warmes Licht in den Familien. Eigentlich darf es gar nicht erzählt werden, aber ein paar Plätzchen brachte er auch seinen ehemaligen Freunden zu Hause. Sie lagen in ihren Körbchen, als es auf einmal von oben tatsächlich Plätzchen regnete. Niemand hatte es gemerkt, die süßen Teilchen wurden sofort im Beaglebauch gesichert. Der Neue musste irgendwie lachen. Er balancierte in der Mitte vom Hausdach, flog dann einen Slalom durch den Gartenzaun, setzte sich ein neben sein Fellchen im Garten und gab seinen lieben Hundeeltern einen energetischen Kuss. „Nicht weinen“, sagte er. „Mal ist man oben, mal ist man unten. Immer fern und immer da! Es ist die Liebe, die überall hinträgt. Für immer verbunden, für immer frei.“ Er spürte, dass sie es verstand und nickte leise. Fast wäre eine große Träne über ihn geflossen. Doch sie verdampfte in seiner Wärme, wurde in der Liebe eingeschmolzen und gab ihm die Kraft, wieder in den Himmel zu fliegen.

Sein Weg führte über die Wolken und über dichte Flockenwälder. Eine Stimme rief ihn.

„Søren!“

Er kannte diese Stimme, aber es war so lange her. Er überlegte und ließ sich vorsichtig zwischen den Wassertropfen absinken.

„Søren!“

„Jaa?“, sagte er und schaute sich um.

Sie war in Grün gekleidet und hatte eine Trillerpfeife im Maul. Stolz stand sie inmitten ihrer Wälder. Seit Jahren waren sie sich nicht mehr begegnet. Schwester und Bruder. Vor sechs Jahren waren sie zusammen auf die Erde geflogen. Jeder hatte sich seinen Körper ausgesucht. Sie hatten beide das Leben mit würzigen Kräutern und frischem Wildgeruch bevorzugt. Sportlich, voller Energie, bereit, jeden Sprung zu wagen. Ein Zuhause, wo die Sprünge auch möglich waren.

„Was machst du hier?“, fragte Søren.

„Das frage ich dich aber auch!“, antwortete Angelika.

„Wau, wau, wau“, rief Søren und „wau, wau, wau“ antwortete Angelika. Stolz warfen sie ihre Köpfe nach oben. Sie verstanden sich sofort.

Die Geschichte war schnell erzählt: Jagdunfall. Falsche Zeit, falscher Ort, falsches Auto, aber fast hätten sie die Rehe gehabt.

Angelika, die Jagdaufseherin, flog los und gab Søren seine erste Aufgabe: Man musste sich um die Eichhörnchen kümmern. „Sie brauchen täglich Nüsse! Du kannst sie von den Nussplätzchen runterkratzen! Pass auf, dass man dich nicht erwischt!“

Søren schaute auf seine Plätzchen. Seine Mundwinkel formten eine große nach oben gezogene Sichel. Vorsichtig ließ er seine Wärme auf die Nuss strahlen, bis sie sich ohne eine Wunde zu hinterlassen löste.

Und wenn ihr an Advent im Himmel eine Sichel seht oder vielleicht ein Plätzchen ohne eine Nuss habt, dann wisst ihr alle, warum.

Lasst die beiden fliegen und fragt nicht nach. Es gibt Dinge, die können wir nicht verstehen. Die beiden waren da und waren nicht da. Dem Himmel wohl immer näher als gedacht. Sie hatten uns ausgesucht, um ihren Weg gehen zu können. Also… fliegt ihr beiden! Lebt wohl!

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